Das Augsburger Klimacamp ist eine Dauerversammlung im vierten Jahr; begonnen am 01.07.2020. In Bayern ist eine Versammlung eine Zusammenkunft von mindestens zwei Personen zur gemeinschaftlichen, überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung.
Das bedeutet für das Augsburger Klimacamp, dass rund um die Uhr, auch nachts, mindestens zwei Personen vor Ort sind.
Alleine der Charakters des Campierens in dieser Form begründet die zweite Anforderung des bayerischen Versammlungsgesetzes, die „Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung“. Zusätzlich kommen die unzählige Aktionen, die das Klimacamp im Camp, „vor der Haustür“ der Stadtregierung und an anderen Orten durchführt und durchgeführt hat.
Welche Faktoren tragen dazu bei, so ein Camp über lange Zeit aufrecht erhalten zu können? An erster Stelle steht die Unterstützung durch die Augsburger*innen. Ohne breiten Rückhalt in der Stadtgesellschaft wäre es nicht möglich, so lange zu bleiben. Wir brauchen moralische Unterstützung, Sachspenden und auch Geldspenden. Sowie das Interesse und die Akzeptanz der Medien.
An zweiter Stelle steht die Solidarität, innerhalb der Campgemeinschaft und innerhalb der städtischen und überregionalen Klimagerechtigkeitsbewegung.
Rechtliche Expertise, vom Versammlungsrecht bis zu Gerichtsverfahren, ist unabdingbar. Das Bestehen des Camps wurde gegen die Stadtregierung auf verwaltungsgerichtlichem Weg erreicht.
Und die Repression der Behörden, immer wieder böswillig und unberechenbar, schweißt die Gruppe zusammen und motiviert zum Weitermachen. Repression als Motivation – auch das ist Empowerment, zu lernen, sich der Repression nicht auszuliefern. Es gibt Möglichkeiten, Gegendruck aufzubauen. Nach längerer Teilnahme am Camp rücken auch anfangs „bürgerliche“ Aktivisti vom Bild des „Freund und Helfers“ ab und erkennen die Schattenseiten und Arbeitsweisen der Ordnungsbehörden.
Wichtig für das Durchhalten ist außerdem eine stabile finanzielle Situation. Die Unterstützung der Augsburger*innen durch Spenden in die Spendenbox am Campeingang ist essentiell. Nur so können bauliche Maßnahmen, Aktionskosten und Repressionskosten bezahlt werden. Hier gilt das Solidaritätsprinzip: Getroffen hat es eine Person (die gerade die Versammlungsleitung inne hat) – bezahlen tun wir alle (aus dem Solidartopf). Nur so ist es möglich, rund um die Uhr täglich mehrfach wechselnde Versammlungsleiter*innen zu benennen.
Ein weiterer Faktor ist, dass wir aktiv sind: wir beschäftigen uns täglich mit Aktionen, der Vor- und Nachbereitung. In Augsburg und überregional. Wir vernetzen uns in andere Städte und Strukturen. Es passiert was, täglich ist es möglich, zu gestalten. Mit unzähligen Erfolgen, kleinen und großen. Die in der Bilanz die Misserfolge wettmachen. Auch die gibt es, Aktivismus ist ein Kampf bergauf. Die Augsburger Stadtregierung ist der größte Fail in dieser Geschichte.
Wichtig für uns ist das gemeinsame Ziel: eine lebenswerte, menschengerechte, gerechte und solidarische Welt, in der alle Menschen gut leben können. So versuchen wir auch im Camp miteinander umzugehen. Und wir zeigen mit unserer Dauerpräsenz, dass diese Idee funktionieren kann auch unter schwierigen Bedingungen. Der Standort direkt neben dem Rathaus ist ein wichtiger Faktor für die politische Wirkung. Zugleich bedingt die Offenheit und Exposition ein hohes Maß an Einflüssen von außen, die auch anstrengend sein können.
Unsere Oberbürgermeisterin nannte das Camp einst eine Komfortzone. Dabei steht es auf einem harten Kopfsteinpflaster. Weich wird es durch die Menschen, die hier zusammenfinden. Immer wieder neu. Dass sich das Camp ständig verändert, baulich und in der Gruppenzusammensetzung, in der Ausprägung der thematischen Schwerpunkte neben dem Kernthema „Klimagerechtigkeit“ – das hält das Camp jung und relevant. Wir „bewegen“ uns zusammen mit der Gesellschaft und arbeiten an der Gestaltung einer besseren Zukunft mit. Augsburg und die Welt braucht sie.
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